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GKV-Mitglieder und Arbeitgeber müssen entlastet werden

Im Interview sprechen die alternierenden Vorsitzenden des TK-Verwaltungsrats über die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und erklären, was zu tun ist.
Interview: Kerstin Grießmeier 

Wie blicken Sie auf die Finanzierung der GKV? 

Dieter F. Märtens: Besorgt. Zwar haben wir bei der TK nach wie vor einen unterdurchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, aber wenn wir auf die gesamte gesetzliche Krankenversicherung in den vergangenen Jahren schauen, ist die Lage sehr ernst. Von 2024 auf 2025 ist der amtliche Zusatzbeitragssatz um 0,8 Punkte gestiegen, so einen großen Sprung gab es noch nie. 

Dominik Kruchen: Inzwischen liegt der durchschnittliche Beitragssatz zur Krankenversicherung bei über 17 Prozent und die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt liegen klar über 40 Prozent. 

Was sind die Folgen?

Kruchen: Den Sprung spüren die GKV-Mitglieder deutlich. Bei einem Plus von 0,8 Punkten im Jahr müssen alle Angestellten deutlich mehr bezahlen, ebenso der Arbeitgeber, der ja die Hälfte der Beiträge finanziert. Höhere Lohnnebenkosten wiederum schmälern die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Es gibt konkreten Handlungsbedarf, die GKV-Mitglieder und Arbeitgeber müssen entlastet werden. 

Höhere Lohnnebenkosten schmälern die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland. 

Dominik Kruchen ist alternierender Vorsitzender des TK-Verwaltungsrats und Arbeitgebervertreter. 

 

Der Zahntechnikermeister ist zudem in weiteren Ehrenämtern engagiert, unter anderem als Landesinnungsmeister Nordrhein-Westfalen. Der Düsseldorfer ist bereits seit 2009 Mitglied des Verwaltungsrats der TK.

Was muss passieren? 

Märtens: Als Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter liegt es uns fern, zu fordern, der Staat solle alles regeln. Aber der Staat muss da Verantwortung übernehmen, wo er zuständig ist und darf seine Aufgaben nicht der Solidargemeinschaft auflasten. Beispielsweise bezahlen die Beitragszahlenden einen Großteil der Beiträge für Bürgergeldempfänger, obwohl der Staat dafür zuständig ist. Und da, wo wir als Selbstverwaltung zuständig sind, darf der Staat wiederum nicht eingreifen. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Unsere Gestaltungsspielräume bei der Haushaltsplanung werden immer geringer. So dürfen Krankenkassen nur noch Reserven zwischen dem 0,2- und dem 0,5-Fachen einer Monatsausgabe haben. Das ist viel zu eng bemessen. 

Kruchen: Auch bei der Pflegeversicherung muss dringend etwas passieren. Statt Reformen erleben wir hier ebenfalls immer weitere Beitragserhöhungen – und auch die Zweckentfremdung von Beitragsgeldern. Bis heute hat der Staat die Milliarden, die die Pflegeversicherung während der Coronapandemie vorgestreckt hat, nicht zurückgezahlt.

Der Staat muss da Verantwortung übernehmen, wo er zuständig ist. 

Dieter F. Märtens ist alternierender Vorsitzender des TK-Verwaltungsrats und Versichertenvertreter.  

Darüber hinaus engagiert sich der Träger des Bundesverdienstkreuzes ehrenamtlich in zahlreichen weiteren Gremien in der Sozialversicherung. In der Selbstverwaltung der Krankenkassen ist er seit 1974 tätig.

Wie gut steht das deutsche Gesundheitssystem denn aktuell da?

Märtens: Die Gesundheitsversorgung ist im internationalen Vergleich nach wie vor gut. Aber es gibt viele Stellen, an denen der Reformbedarf deutlich erkennbar ist – auch die Versicherten sehen ihn. Aus einer aktuellen repräsentativen Umfrage im Auftrag der TK wissen wir: Der Anteil der Menschen, die mit dem Gesundheitssystem nicht zufrieden sind, liegt mittlerweile bei 30 Prozent und ist deutlich gestiegen, ebenso wie der Anteil derer, die grundlegende Reformen für notwendig halten. Zudem rechnen nahezu alle Befragten damit, dass die Beiträge weiter steigen. Dem muss die Regierung jetzt entgegenwirken.